Van lässt uns nicht los!

Van gefällt uns so gut, dass wir beschließen, noch eine Nacht zu bleiben. Und uns noch einen Tag mehr Zeit für die Vorbereitungen für den Iran zu verschaffen – wir haben immer noch das Gefühl, dass uns die paar Seiten, die wir bisher gelesen haben nicht ausreichen.

Trotzdem möchte Roland heute auch Motorrad fahren und er hat einen Wasserfall 80km von Van gefunden, den man besichtigen kann.

Heute ist Wahlsonntag und ich bin ganz froh, nicht in der Stadt zu sein. Wir fahren Richtung Norden am See vorbei und haben einen wundervollen Blick auf den Berg Süphyon und seinen mit Schnee bedeckten Gipfel. Wir biegen auf einem Feldweg Richtung Seeufer ab und fahren ein Stück Offroad, bis wir die perfekte Stelle für ein Foto von unseren Bikes finden.

Überall am Ufer wird gecampt und gegrillt, Kinder schwimmen im dunkeltürkis-farbigen See. Ich will auch, denke ich mir. Am See liegen, schwimmen, die Sonne genießen und entspannen. Aber wir müssen weiter, Roland sitzt schon wieder auf dem Bike und will los.

Der Wasserfall ist gut besucht. Bereits auf den Grünflächen rund um den vollen Parkplatz wird gegrillt, überall wuseln Kinder, Verkäufer preisen ihre gegrillten Maiskolben an und in dem ganzen Trubel werden wir auf deutsch angesprochen: „Ganz schön langer Weg, mein lieber Scholli!“ Vor uns steht eine Gruppe Türken und wie sich herausstellt, drei deutsche Wahlbeobachter aus Frankfurt. Sie sind ebenfalls in Van und besuchen dort und in der Umgebung die Wahllokale. Wir sprechen kurz, dann geht die Gruppe weiter.

Wir machen uns ebenfalls auf zum Wasserfall und sind erstaunt, wie viel Wasser er hat, obwohl es doch Hochsommer ist. Mehrere Wasserfälle nebeneinander stürzen rauschend in die Tiefe. Es sieht ein bisschen aus wie die Krka Wasserfälle in klein. Nur leider ist es hier ziemlich vermüllt. Überall liegen die Essensreste vom Grillen, Plastikverpackungen, Tüten, Flaschen rum. Es macht mich richtig wütend, dass manche Menschen solche Schweine sind.

Wieder im Hotel angekommen, laden wir die OSM Karten der wilden Länder, die uns Tobi freundlicherweise geschickt hat. Und Stefan hilft uns bei der  Routenplanung und der Installation der Spot Tracker. Ohne unsere Freunde wären wir aufgeschmissen. Roland plant also die Route über die Grenze Richtung Tabriz und sucht uns Hotels auf der Strecke – falls wir die 450km nicht komplett schaffen. Ich packe meine Taschen und wasche die letzte Wäsche.

Inzwischen steht das Ergebnis der Präsidentenwahl fest. Erdogan hat gewonnen und bis weit nach Mitternacht fahren Autos laut hupend durch die Straßen, aus den Fenstern werden Türkei-Fahnen geschwenkt. Es gibt Feuerwerk am Himmel und Menschen laufen feiernd durch die Straßen. Wir schließen Fenster und Vorhang und versuchen zu schlafen.

Sightseeing in Van

Wir treffen uns um 7:30 Uhr mit Harun in der Lobby und er fährt uns in ein Frühstücks-Restaurant in der Innenstadt. Es ist bereits jetzt gut besucht und Harun meint, dass man in einer Stunde keinen Platz mehr bekommt. Van ist im ganzen Land berühmt für sein Frühstück und wir sitzen keine fünf Minuten, da wird aufgetischt: Spiegeleier mit Fleischstreifen, Pommes, Oliven, verschiedene Sorten Käse, unsere Lieblingspampe aus Tomate, Ei, und Pepperoni, frische Tomaten und Gurken, Aufstriche aus Getreide, Ei und Honig, Marmelade die aus eingelegten, unreifen Walnüssen hergestellt wird, Milchrahm mit Honig, Cay und natürlich ganz, ganz, ganz viel Weißbrot.

Blöderweise wird Harun sofort wieder zum Auto gerufen. Da für heute eine große Demonstration der Kurden geplant ist, darf kein Auto in der Innenstadt parken. Er geht zurück zum Auto und Roland und ich essen weiter. Da wir nicht alles schaffen, packe ich den restlichen Käse und Oliven ein.

Wir wollen heute zur Insel Akdamar fahren, dort schwimmen und uns die Kirche aus dem 9. Jahrhundert ansehen. Als wir kurz beim Autohändler anhalten – Harun muss irgendwas organisieren – meint Roland zu mir, dass er lieber alleine und mit den Motorrädern fahren will. Ich war eigentlich froh, nach 10 Fahrtagen endlich mal Pause zu haben, und mich chauffieren zu lassen, aber Roland hat recht. Wenn wir den ganzen Tag mit Harun unterwegs sind, zahlen wir ihn und das Auto, obwohl wir selber mobil sind. Wir besprechen es mit Harun, er versteht das und fährt uns zurück ins Hotel.

Es sind ca. 50km bis zum Boot und wir erwischen die erste Fähreauf die Insel. Mit uns sind nur 10 weitere Menschen an Bord und entsprechend wenig los ist auf der Insel. Wir haben 1,5 Stunden Zeit bis zur Rückfahrt und so sehen wir uns zuerst die Kirche an. Es ist eine kleine, armenische Kirche mit wundervollen Fresken auf der Außenseite, die Szenen aus der Bibel darstellen. Lukas, David und Goliath, Maria mit dem Jesuskind und weitere.

Wir laufen über die Insel, bis wir einen schönen, fast nicht einsehbaren Badeplatz gefunden haben. Hier am See habe ich Frauen immer nur komplett angezogen im Wasser gesehen und deswegen möchte ich mich nicht zu prominent im Bikini in die Wellen stürzen. Das Wasser ist klar, hat eine angenehme Temperatur und ist nur leicht salzig. Nach einer knappen halben Stunde Baden und Sonnen gehen wir wieder zurück zum Boot und fahren aufs Festland.

Auf dem Rückweg kaufen wir noch EFES Bier im Migros für das Deutschlandspiel heute Abend. Vorher putzen wir unsere Bikes blitzeblank, ich schmiere wieder meine Kette und Roland überprüft die Steckverbindung zum Cockpit. Seit ein paar Tagen fällt bei meiner Zicki immer wieder der Tacho aus. Steckverbindung sieht gut aus, also bleibt uns nichts anderes übrig, als weiter zu beobachten. Und wenn ich ehrlich bin: Ich bin der Türkei braucht man sowieso keinen Tacho. Hier hält sich niemand an die Geschwindigkeitsbegrenzung.

Das Deutschlandspiel sehen wir uns auf dem Zimmer an, so kann ich nebenbei noch ein bisschen unsere Einreise in den Iran vorbereiten und den Blog schreiben. 95 Minuten lang liegt ein besorgter Roland neben mir im Bett, bevor Kroos in der 95. Minuten das 2:1 macht. Jetzt können wir auch im Iran nach Hotels mit Fußball-Übertragung suchen…

Am Vansee

Als letztes Ziel in der Türkei bevor wir in den Iran weiterfahren, haben wir uns den Vansee ausgesucht. Hier wollen wir 2 Tage bleiben, um ein bisschen zu Verschnaufen und die Bikes zu checken, Routen planen, Unterkünfte suchen usw. Der Vansee liegt auf 1.650m und ist der größte See der Türkei. Wir erhoffen uns ein milderes Klima und werden nicht enttäuscht.

Noch in Batman erfährt Roland von einem deutsch-türkischen Bauunternehmer, dass es in Van das beste Frühstück der ganzen Türkei gibt und wenn wir an den Vansee wollen, sollen wir unbedingt ein Hotel in Van suchen.

Roland hat sich für das Hotel Dosco entschieden und noch am späten Nachmittag erreichen wir unser Ziel. Van ist eine Großstadt mit viel Charme und wir fühlen uns sofort wohl. Das Hotel liegt in einer kleinen Seitenstraße und wir können die Bikes direkt am Eingang im Hinterhof parken. An der Rezeption wird zwar kein Englisch gesprochen aber wie immer in solchen Fällen wird einfach jemand angerufen, der uns versteht. Die Dame sagt, es ist der Manager. Er heißt Harun und wir sagen ihm, dass wir ein Doppelzimmer mit gutem WLAN brauchen, da wir unsere Weiterreise organisieren müssen. Er spricht wiederum mit der Dame an der Rezeption und wir erhalten ein tolles Zimmer und sogar noch einen Discount, da wir 2 Nächte bleiben.

Kurz darauf ist Harun auch schon da und wir kommen ins Reden. Immer wenn Touristen hier sind, kümmert er sich um sie. Fährt mit ihnen die Sehenswürdigkeiten ab, organisiert Trekking-Touren in den umliegenden Bergen oder geht mit vorzugsweise hübschen Iranierinnen Essen. Ob er wirklich in dem Hotel angestellt ist, können wir nicht 100%ig sagen. Aber er ist sehr nett uns sympathisch und nimmt uns abends mit in die Stadt. Zuerst bringen wir Rolands Motorradjacke zum Schneider, der Reißverschluss klemmt. Dann geht’s für Roland zum Berber (so sagt der Türke). Bart und Haare werden in Form gebracht und ehe wir uns versehen, fackelt der lustige Berber Rolands Ohrhaare mit dem Feuerzeug ab. Turkish moda sagt Harun und lacht.

Anschließend holen wir die Jacke ab, der Reißverschluss funktioniert wieder einwandfrei. Repariert für 5 türkische Lire. Letzte Station in Van für heute ist Haruns Lieblingsrestaurant. Er bestellt für uns und wie immer in der Türkei biegt sich kurze Zeit später der Tisch unter den vielen Speisen: Es gibt Lammkarree, Fleischbällchen, eine Art Gulasch, Salat, Meze, Joghurt-Schaum, Linsensuppe, Lahmacun und ganz, ganz, ganz viel Weißbrot. Und natürlich nach dem Essen einen Cay.

Den restlichen Abend verbringen Roland und ich auf der Hotel-Terrasse, die sie extra für uns aufsperren. Wir sind die einzigen Hotelgäste. Rechts von der Terrasse sieht man zum Vansee und links steht eine schöne, große Moschee, die nachts grün beleuchtet ist. Der perfekte Ort für ein, zwei Bier und unsere Vorbereitungen auf den Iran.