Ans kaspische Meer

Die heutige Etappe führt uns aus dem Nordwesten Kasachstans bis an das Kaspische Meer. 450 km geht es fast ausschließlich geradeaus. Als wir tanken, hält ein Auto mit Aserbaidschanischem Kennzeichen neben uns an. Der Fahrer fragt, ob es hier nach Belgrad geht. Hat er wirklich Belgrad gesagt? Das ist ja so wie wenn man mich in München auf der A9 fragt, ob es hier zum Nordkap geht.

Am Spätnachmittag feiern wir unser 20.000 km Jubiläum. Das Foto dazu soll etwas Besonderes sein und wir probieren mehrere Posen aus. In die Luft springen und mit Timer das Foto auslösen ist eine fiese Kombination. Wir hüpfen entweder zu spät oder zu früh oder nicht synchron. Es dauert über eine Stunde, bis wir ein vernünftiges Foto haben. Weil die Outtakes so lustig sind, lade ich davon auch ein paar hoch.

Wir erreichen abends Atyrau, checken im Hotel ein und überlegen uns beim Abendessen das Ziel für morgen. Ich denke, wir fahren auf dem schnellsten Weg durch Russland. Hier gibt’s nix Besonderes. Ich will nach Georgien! Roland meint, er hat da eine interessante Gegend am Kaspischen Meer entdeckt, mit ganz vielen Flüssen. Dort könnten wir unseren ersten Stopp machen. Nach kurzer Recherche stellen wir fest: Die „interessante Gegend“ ist das Wolga Delta. Da müssen wir auf jeden Fall hin!

20.000 km

20.000 km an unserem 80. Reisetag. Das sind 250 km pro Tag für die Statistikliebhaber. That’s German Genauigkeit.

Tankstelle vermisst!

Auch heute wieder wollen wir viele Kilometer machen und mindestens bis zur Stadt Oral kommen, die unser nördlichster Punkt sein wird und an der Grenze zu Russland liegt. Leider haben wir heute ekligen Wind von schräg vorne, der das Fahren anstregend macht und vor allem den Benzinverbrauch in die Höhe treibt. Wir haben uns blöderweise nicht schlau gemacht, wann Tankstellen auf der Strecke kommen. Zwar haben wir beide unsere Kanister voll aber Rolands nineT verbraucht wesentlich mehr Benzin als meine. 200 km vor Oral geht seine Warnleuchte für die Tankanzeige an. Das heißt laut offiziellen Angaben kommt er noch 50 km weit. Laut Navi und maps.me ist die nächste Tankstelle in Oral. Roland fängt an zu rechnen. Selbst mit seinen beiden Kanistern kommt er nicht bis Oral. Ich hab noch ca. 100 km Restreichweit und bin auch auf meine Kanister angewiesen, könnte es dann aber bis Oral schaffen. Also bleibt uns nur eine Möglichkeit: Wir fahren kraftstoffsparend bis Rolands Tank leer ist, dann bekomme ich alle Kanister und schleppe ihn ab. Ein Seil haben wir ja dabei. Also klemmt er sich in meinen Windschatten und wir tuckern eine gute Stunde mit 80 km/h dahin.

Nach 85 km dann das kleine Wunder: es taucht unerwartet eine Tankstelle auf. Ich biege ein und im selben Moment höre ich, wie der Motor der nineT ausgeht. 25 m vor der Tankstelleneinfahrt. Und wenn die Einfahrt nicht ein kleines Stück bergauf gehen würde, hätte Roland es geschafft, bis zur Zapfsäule zu rollen. So muss er die letzten 10m schieben. Was haben wir doch für ein Dusel.

Mit vollem Tank geht es weiter. Kurz vor Oral verliere ich eine Schraube vom Scheinwerferhalter. Ich spüre zwar noch wie sie auf meinen linken Fuß fällt, halte an und fahre ein Stück zurück aber die Suche bleibt erfolglos. Roland hat zum Glück eine passende Schraube dabei und nach 10 Minuten „Reparatur“ können wir wieder weiter fahren. In Oral kaufen wir Vorräte ein und suchen uns ein paar Kilometer weiter einen Platz zum Zelten. Es wird ein Platz mit Blick auf den Fluss, wenn auch ohne direkten Zugang zum Wasser. Egal, wir haben ja heute Morgen ausgiebig gebadet.

Statt Spaghetti gibt es heute Brotzeit mit Käse und selbstgemachtem Wurstsalat – die Kasachen haben doch tatsächlich sowas wie Knacker. Zufrieden sitzen wir in unseren Stühlen und sehen zu, wie der Mond zwischen den Bäumen aufgeht.