Über die Berge Richtung Persepolis

Roland hat mir für die Fahrt nach Persepolis zwei Routen zur Auswahl gegeben: Ausschließlich Schnellstraße oder einen Teil über die Berge. Ich entscheide mich für die Bergroute, auch wenn das Routenplanungsprogramm „Basecamp“ 12 Stunden Fahrtzeit berechnet hat.

Nach der kleinen Ortschaft Abadeh verlassen wir die Straße 65 und biegen ab in die Berge. Zunächst fahren wir auf Asphalt eine wunderschöne Serpentinenstraße entlang, dann wird aus der Straße eine Schotterpiste und schließlich geht es querfeldein auf staubigen Offroadpisten. Wir verfahren uns einmal, die Abzweigung in den kleinen Feldweg war einfach zu leicht zu übersehen. Es geht bis auf 2.650 Meter und ist angenehm „kühl“, es hat gerade mal 27°C. Nach einigen Kilometern querfeldein finden wir wieder zurück auf eine asphaltierte Straße. Ich mache kurz das Visier auf, um tief durchzuatmen. Großer Fehler. Auf einmal spüre ich einen stechenden Schmerz im rechten Auge, der innerhalb von Sekunden so stark wird, dass ich sofort anhalten muss. Ich schreie laut Stopp und ein paar Mal Aua und halte auf dem Schotter neben der Straße an. Vor lauter Schmerz und Hektik fällt das Bike. Verdammt. Roland eilt zu mir, wir heben Zicki auf und ich schreie weiter Aua, reiße mir dabei den Helm vom Kopf und die Brille runter, schaue in den Seitenspiegel und sehe etwas gestreiftes in meinen Wimpern hängen. Ich habe eine Biene im Auge. Es brennt wie Feuer. Mir schießen die Tränen ins Auge und laufen weiter über meine Wange.

Vor uns auf dem Seitenstreifen hält ein Auto, der Fahrer rennt zu uns, sieht mich an und sagt irgendwas von Honey. Dann nimmt er meinen Kopf, öffnet vorsichtig mein rechtes Auge mit seiner Hand und zieht die Reste der verdammten iranischen Honigbiene aus meinem Auge. Roland reicht ihm Wasser und der Iraner schüttet es mir vorsichtig ins Gesicht, um mein Auge auszuspülen. Ich versuche mich zusammen zu reißen, schreie nicht mehr so laut Aua, aber es tut echt weh. Immer mehr Leute versammeln sich um uns. In der Nähe ist eine kleine Nomaden-Siedlung, ganz typisch für diese Gegend und jeder möchte sich anscheinend das Theater der europäischen Touristen ansehen. Der junge Iraner bedeutet mir, ich soll mein Auge weiter ausspülen und macht Zeichen für eine Infusion in den Arm, kratzt sich symbolisch und sagt „red“. Er denkt, ich bin allergisch. Bisher war ich es nicht und ich denke, dass bei jedem das Auge anschwillt, wenn eine Biene zusticht. Ich sehe mittlerweile aus wie Klitschko in der 10. Runde. Aber wie bei Klitschko ist der Gegner viel schlimmer dran – und mein Gegner, die Biene, musste sogar ihr Leben lassen. Selber schuld, denke ich mir.

Der Iraner ist Imker, welche Ironie und er möchte, dass wir mit zu ihm nach Hause kommen. Er wohnt 2 km entfernt. Dort könnten wir auch schlafen. Wir möchten heute aber noch nach Persepolis, lehnen daher ab und bedanken uns mehrfach für seine Hilfsbereitschaft. Er gibt Roland noch Anweisungen, im nächsten Ort Limetten zu kaufen und mir eine Limonade davon zu machen. Das würde helfen. Ich setze den Helm unter Schmerzen wieder auf und wir fahren weiter.

Zwei Stunden später erreichen wir die alte Ruinenstadt Persepolis. Wir fahren spontan zum Hotel direkt an der Stätte auch wenn es uns auf den ersten Blick viel zu teuer erscheint. Dabei bekommen wir ein wunderschönes Zimmer mit Blick auf die Ruinen, für 25€ inklusive Frühstück. Mein Auge brennt nach wie vor und die Schwellung ist größer geworden. Drei Anläufe brauche ich, um den Helm abzusetzen, weil der Druck auf das Auge so sehr schmerzt. Ich setze mich erschöpft im Garten an einen Tisch und bestelle eine Limonade. Der Kellner bringt mir ein Getränk aus frisch gepresstem Limettensaft mit Wasser. Ich muss an den iranischen Imker denken und schmunzeln.

6 thoughts on “Über die Berge Richtung Persepolis

  • Carmen Doller
    5. Juli 2018, 18:12

    Meine Liebe,

    fast täglich lese ich Eure „Geschichten“, Geschichten die das Leben schreibt!
    Du schreibst so wunderbar dass man denkt man fährt mit Euch mit.
    Dir erstmal gute Besserung 🍀 und weiterhin viele Glück, unvergessliche Begegnungen und tolle Momente.

    Leicht neidische 😀 Grüße auch an Deinen Liebsten
    CaDo 🏍✌️😘

    • pamela
      6. Juli 2018, 21:18

      Oh es freut mich sehr, dass die Geschichten gefallen. Danke dir für die guten Wünsche und bis bald!

  • 6. Juli 2018, 8:32

    „so ein toller reiseblog pamela … würde am liebsten auch gleich wieder los …“ hab ich in facebook geschreiben – aber warum nicht hier kommentiert?!
    ich freue mich auf jeden neuen tag / post !! da rebecca jetzt schon drei jahre unsere touren geblogt hat weiß ich auch so ungefähr was für ein aufwand dahintersteckt.
    weiterhin gute fahrt und weniger bienen im helm wünsche ich euch!! uller

    • pamela
      6. Juli 2018, 21:17

      Vielen Dank Dir! Ich hätte besser vorher mit Rebecca gesprochen hehehe, dann hätte ich gewusst, was auf mich zukommt! ;-)))

  • Dagmar Claus
    6. Juli 2018, 23:35

    Liebe Pami, Du tapfere! Ich hoffe Deine Schwellung ist inzwischen zurückgegangen. Was auch hilft ist Calcium – aber wo bekommst Du das her.
    Es ist so schön zu lesen, was für tolle Erfahrungen ihr macht, auch die Bilder sind wunderschön. Es macht richtig Spaß Deinen Blog zu verfolgen!
    Weiterhin viel Glück und interessante Begegnungen.
    Liebe Grüße Dagi und Matthias

    • pamela
      7. Juli 2018, 20:55

      Liebe Dagi, das Auge ist wieder besser, danke. Calcium haben wir tatsächlich dabei 😉 Liebe Grüße an euch beide zurück.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert