Es dauert, bis wir alles gepackt haben. Also bei Roland und mir. Vincent war bereits kurz nach dem Frühstück fertig und wartet auf uns. Um 13 Uhr fahren wir los.
Unser heutiges Ziel Arslanbob ist nicht weit von Osh entfernt und die Strecke verläuft ausschließlich auf relativ gutem Asphalt. Um 16.30 stehen wir im CBT, dem Community Based Tourism Büro von Arslanbob, um uns ein Homestay auszusuchen. An der Wand im Büro hängen eine Karte, Bilder und Beschreibungen und der nette Mann vom CBT empfiehlt uns Nummer 12. Dort schickt er alle Biker hin, weil man sich in dem großen Garten so gut entspannen kann. Das klingt prima, auch wenn wir heute gar nicht entspannen wollen – wir sind ja kaum gefahren.
Im Homestay 12 beziehen Roland und ich ein großes Doppelzimmer, Vincent ein Bett in einem 4er Zimmer. Der Garten des Homestay ist wunderschön grün, voller Blumen und Bäume und am Ende liegen 2 große mit Teppich ausgelegte Terrassen. Ein gelber Vorgang schützt vor der Sonne. Es ist wirklich sehr gemütlich hier.
Touristen kommen nach Arslandbob wegen der schönen Natur. Es gibt zwei Wasserfälle und den angeblich größten, natürlich gewachsenen Walnuss-Wald der Welt. Den kleinen Wasserfall und den Wald kann man gut mit einer Wanderung verbinden, die ca. 3 Stunden dauert. Wir laufen kurz vor 18h los und machen mit unserer Gastgeberin aus, dass wir um 20.30 Uhr zum Essen zurück sind.
Zum kleinen Wasserfall ist es nicht sehr weit. Die letzten 50m sind gesäumt mit Souvenier-Shops, der Tourismus ist auch hier angekommen. Der Wasserfall an sich ist gar nicht so klein, 23m stürzt er in die Tiefe. Über eine unglaublich wackelige und rostige Brücke kann man ganz nah an ihm vorbeilaufen und pitschnass werden.
Auf der anderen Seite angekommen, steigen wir eine steile Treppe empor und gehen auf einem schmalen Wanderweg in Richtung Walnuss-Wald. Es ist weiter als gedacht und die Sonne geht gerade hinter einem Berg unter, als wir kurz vor dem Eingang des Waldes stehen. Wir haben noch nochmal die Hälfte der Strecke geschafft und sollen in einer Stunde wieder im Homestay sein. Egal ob mit dem Motorrad oder zu Fuss, es passiert uns viel zu oft, dass wir Strecken unterschätzen.
Irgendwann meint Roland, eine Abkürzung auf der Karte zu erkennen und wir verlassen den eigentlichen Wanderweg. Hier hätten meine Alarmglocken läuten sollen. Ich erinnere mich noch gut an einen Familienurlaub in Frankreich. Ich war damals vielleicht 12 und mit meinen Eltern und jüngeren Schwestern auf dem Weg zum Strand. Vollgepackt bis obenhin mit Badesachen liefen wir in der Mittagssonne durchs Gebüsch. Mein Vater meinte, er kennt eine Abkürzung. Am Ende waren wir zwei Stunden unterwegs, bis wir endlich in der Bucht ankamen.
Heute ist es ähnlich. Roland, Vincent und ich laufen querfeldein, über Kartoffelfelder, durch Apfelbaumplantagen und durch mannhohes Gras, wir steigen über Zäune und krabbeln durchs Unterholz. Alle drei in kurzer Hose, Roland und ich tragen Trekkingsandalen. Ich will gar nicht wissen, wie viele Zecken und Spinnen gerade an meinen Beinen krabbeln und fordere bei Roland eine ausgiebige Leibesvisitation ein, sobald wir im Homestay sind.
Es ist dunkel, als wir endlich auf den eigentlichen Wanderweg zurückfinden. Weitere 30 Minuten laufen wir einen Berg hinunter, inklusive Panoramablick auf ein beleuchtetes Arslanbob. Um 21.30 Uhr – mit einer Stunde Verspätung – erreichen wir endlich unser Homestay. Unsere Gastgeberin erwartet uns bereits sehnsüchtig mit dem Essen. Wir verschlingen den „Pichelsteiner Eintopf“ wie Roland das Gericht nennt und gehen alle drei anschließend zügig ins Bett.