Die Nacht war bescheiden, da gegen halb 2 Uhr auf einmal laute Musik ertönt. Ich schaue aus dem Zelt und sehe ein paar Leute um das Feuer zur Techno Musik tanzen. Ich wecke Roland, da ich mir ein bisschen Sorgen um die Bikes mache. Er ist zu müde, um mich ernst zu nehmen, sagt ich soll schlafen und dreht sich wieder um. Kann ich aber erst als der Spuk um 3 Uhr wieder vorbei ist.
Als wir aufstehen, kommt Lika zu uns und entschuldigt sich für ihren Bruder, der gestern Nacht mit Freunden hier gefeiert hat. Aha, das waren also die Party People.
Neben Lika, Likas Bruder Bacho und ihrem Vater Givi arbeiten noch Alexandra, Makho und zwei Guides vom Raftingverein hier. Zum Camp gehören außerdem Mura, die streunende Hündin und ihr ebenfalls streunender Begleiter. Die zwei Hunde sind vor ein paar Wochen im Camp aufgetaucht und Lika und ihr Team kümmern sich um die beiden. Roland schliesst sie sofort ins Herz und streichelt beide ausgiebig. Mura ist riesig und vermutlich trächtig. Sie liegt die meiste Zeit unter Rolands nineT und schläft.
Als wir im Camp von unseren Erlebnissen mit der russischen Polizei erzählen, wundert sich hier niemand. Russland möchte nämlich das Gebiet um den Kazbegi haben. Mit Abchasien und Südossetien haben sie bereits 20% georgischen Territoriums besetzt aber das reicht ihnen nicht. Äh wie bitte? Ich hab mich wohl verhört. Nein. Russische Soldaten verschieben nachts Grenzzäune erklärt man mir. Ein paar Georgier haben sich zusammen getan und reiten nachts die Grenze ab und wenn sie Soldaten dabei erwischen, filmen sie es und stellen die Videos ins Internet. In Zeiten vom Google-Maps, Satellitenbildern und Drohnen wagt es ein Land tatsächlich, Grenzzäune zu verschieben und kommt damit durch? Weil es in Europa niemand mitbekommt. Die Ukraine bekommt momentan die volle Aufmerksamkeit, erklären sie mir.
Wir frühstücken und ich freue mich schon auf einen ruhigen, gemütlich Tag. Gerade als ich überlege, wo ich meine Isomatte aufbaue, um eine Runde in der Sonne zu schlafen, erzählt Roland freudestrahlend, dass er uns eine Rafting Tour gebucht hat. Also nix Chillivanilli. Ich ziehe meinen Bikini an und T-Shirt und Short, Schuhe brauchen wir nicht. Makho vom Rafting Verein gibt uns Westen und Helme und eine 30-sekündige Einführung am Boot: Wo wir sitzen und wie wir das Paddel halten, dass wir auf den Guide hören müssen (Go heißt paddeln, Stopp heisst nicht mehr paddeln) und rausfallen können wir nicht. Alles klar. Bestens vorbereitet besteigen wir zusammen mit den vier anderen Teilnehmern das Boot und los geht’s.
7 km fahren wir den Fluss Aragwi entlang, es ist lustig und entspannt, ein paar Mal dreht sich das Boot, ich werde nass aber falle wie versprochen nicht raus. Ein Jeep holt uns am Ausstieg ab und fährt uns wieder ins Camp zurück. Bilder folgen.
Zum Abendessen gehen wir in ein Restaurant um die Ecke, Bachos Frau arbeitet dort und wir bekommen echtes Löwenbräu Bier vom Fass und das beste georgische Essen: Chatchapuli, das ist georgische Pizza mit Käse, Khinkali (Teigtaschen) mit Fleisch und und für mich mit Käse, BBQ vom Kalb für Roland und Tomaten-Gurken-Salat. Es schmeckt fantastisch, aber natürlich schaffen wir nicht alles. Ein paar Stücke Chatchapuli nehmen wir mit fürs Frühstück morgen.
Tagsüber ist es angenehm warm gewesen, aber sobald die Sonne weg ist und es dunkel wird, kühlt es schnell ab. Zurück im Camp suche ich Feuerholz und werde am Ufer fündig. Roland schleift die Reste des vertrockneten Baums zur Feuerstelle und endlich kommt seine „Fiskar“ Axt zum Einsatz. 21.000 km musste sie zurücklegen, um hier in Georgien Feuerholz für mich zu machen. Roland hackt den Baum klein, Givi und ich türmen alles auf und Givi zündet das Feuer schließlich an.
Wir setzen uns alle auf Sitzsäcke um das Feuer und es dauert nicht lange, bis ich einschlummere.