Ein Stopp an der Tankstelle ist immer ein Erlebnis.

Gerade als wir anfangen aufzupacken, regnet es wie aus Eimern. Ich hole schnell die Regenklamotte aus der Tasche, obwohl sie sowieso sinnlos ist, da sie an diversen Stellen bereits undicht ist.

Wir fahren die Küste Richtung Osten und der Regen zieht mit uns. Und scheinbar auch der aktuelle Präsident Erdogan, denn wir durchfahren eine Polizeisperre nach der anderen und es staut sich auf der Küstenstraße. Gestern haben wir erfahren, dass diesen Sonntag Wahlen sind. Das erklärt die vielen Plakate und Fahnen und die herumfahrenden Autos mit Lautsprechern auf dem Dach, aus denen für uns unverständliche Musik kommt. Ich habe bei dem zähen Verkehr Zeit, mir die Plakate genauer anzusehen und meine durch den Starkregen zu erkennen, dass Erdogan heute in Samsun und danach in Ordu spricht – also genau auf unserer Route. Als wir aus Samsun herausfahren, sehen wir sogar bewaffnete Soldaten auf den Dächern.

Wie immer werden wir von vielen Autofahrern gegrüßt – also angehupt. Ob vor Bewunderung oder Mitleid wegen des Dauerregens weiß ich nicht. Ein Autofahrer ist besonders auffällig, mit seinem roten SUV verfolgt er uns eine längere Zeit, überholt, winkt aus dem Fenster, dann überholen wir wieder. Als wir in die Tankstelle fahren, biegt er ebenfalls ab, parkt direkt neben uns rammt dabei fast ein anderes Auto links neben ihm. Der Fahrer springt aus dem Auto, rennt zum Kofferraum, holt ein Karton heraus, rennt ums Auto zu uns und hält uns frische Baklava unter die Nase. „Please, eat, please please!“ sagt er. Ich nehme mir mit meinen vom Handschuh blau-schwarz verfärbten Fingern ein Baklava raus, dann Roland, dann muss ich wieder, dann wieder Roland – und dann der Tankwart, der parallel unsere Bikes betankt. Die Frau auf dem Beifahrersitz reicht uns Feuchttücher, die Baklava sind nämlich echt klebrig. Aber lecker. Und eine Wohltat bei dem Sauwetter.

Natürlich bekommen wir wieder Tee an der Tankstelle, den wir unter den neugierigen Blicken der anderen Kunden trinken. Als wäre das alles nicht schon skurril genug, hält ein großes Jandamerie Auto neben meinem Bike. Zwei Polzisten steigen aus, in der Mitte führen sie einen Mann in Handschellen. Sie gehen in die Tankstelle Richtung Toilette und kommen nach ein paar Minuten wieder raus und führen den Mann zurück zum Auto. Außer uns fand das scheinbar keiner merkwürdig. Dann steigen drei weitere Polizisten aus und einer kommt mit zwei Ekmek auf uns zu und drückt sie uns in die Hand. Es beginnt das übliche Gespräch, wo wir herkommen, wo wir hinfahren etc. Und ich muss die ganze Zeit an den Mann in Handschellen denken und frage mich, was er angestellt hat, dass er von fünf Polizisten begleitet wird. Wir setzen unsere Fahrt fort und nach 200km biegen wir endlich Richtung Süden ins Landesinnere und die Berge ab. Bye bye Schwarzes Meer. Du warst zwar verregnet, aber trotzdem sehr schön.

Die Route, die Roland ausgesucht hat, geht ziemlich schnell bergauf und bereits nach 30 Minuten sind wir auf 1000 Höhenmeter. Die Straße ist sandig und zusammen mit dem Regenwasser ergibt das eine herrlich braune Färbung auf unseren Bikes, dem Gepäck und uns.

Der Gipel des Egribel Gecidi liegt auf 2200 Höhenmeter und hier oben ist es verdammt kalt. Trotzdem finden wir Zeit für ein paar schöne Aufnahmen. Außer uns und ein paar Schafen ist hier oben niemand mehr und die untergehende Sonne taucht die Berglandschaft um uns herum in ein tiefes Rot-Orange. Und nachdem der bisherige Tag schon so verrückt war, bin ich kaum verwundert, als ich auch noch einen Jungen auf einem Pferd den Bergkamm entlang reiten sehe – hinter ihm der Sonnenuntergang.