Mit der Fähre durch albanische Fjorde

Wir sitzen um 9 Uhr auf den Bikes. Heute ist unser letzter Tag in Albanien, leider. Ich hab mich schon ein bisschen verliebt in dieses Land. Die kurvigen Straßen, die Abgeschiedenheit in den Bergen, die wundervolle Natur, das gute Essen… Hach… Um uns den Abschied so richtig schwer zu machen, zeigt sich Albanien auf den letzten Kilometern von seiner allerschönsten Seite. Die SH23 von Kükes nach Fierza ist eine kleine, asphaltierte Bergstraße ohne großen Anstieg, dafür mit vielen Kurven und atemberaubender Fernsicht auf die umliegenden Berge.

Wir erreichen Fierza überpünktlich und kaufen uns ein Ticket für die Rozafan-Fähre, die uns von Fierza nach Koman bringen wird. Roland hatte im Internet gelesen, dass man auf keinen Fall das Ticket außerhalb der Fähre kaufen soll. Diese Info ist veraltet, der Mann in Sicherheitsweste kurz vor der Fähr-Anlegestelle ist ein echter Ticket-Verkäufer. Mittlerweile gibt es zwei Anbieter, die Rozafan-Fähre ist die kleine kleine von beiden und braucht 30-40 Minuten länger als der andere Anbieter. Preislich sind beide gleich. Da wir noch etwas Zeit haben, bevor die Fähre ablegt, fahren wir ein Stück die Panoramastraße durch die Schlucht am Stausee entlang. Was wäre das doch für eine tolle Strecke gewesen. Unzählige Kurven mit Blick auf das Wasser und die tiefe Schlucht- ganz kurz bereue ich es, dass wir uns für die Fähre entschieden haben.

Die Fähre legt pünktlich um 12:30 Uhr ab. Wir haben einen Platz oben auf dem Sonnendeck in der 1. Reihe ergattert und so haben wir den schönsten Blick auf die Fjorde. Der Koman-Stausee ist fast 100m tief, entsprechend hoch sind die Berge entlang des Sees. Vereinzelt sehen wir kleine Dörfer an den Berghängen aber keine Straße. Diese Dörfer werden tatsächlich auf dem Wasserweg mit Lebensmitteln und anderen Dingen versorgt. So kann man anscheinend auch ganz gut überleben denke ich mir. Bis eben hielt in den Penny direkt bei mir im Haus für unverzichtbar.

Ich habe meine Motorradklamotten ausgezogen und genieße die Sonne auf meiner Haut. Es weht ein angenehmer Wind, so dass es nicht zu heiß ist und wir die 2,5 Stunden an Deck gut aushalten. Mit 15 Minuten Verspätung erreichen wir Koman. Bis wir von der Fähre sind, ist es fast 16 Uhr und es sind mindestens 4 Stunden bis Kotor, unserem heutigen Ziel. Was wir nicht wussten: Die Straße ab Koman ist eine Frechheit, eine Beleidigung für Fahrzeuge aller Art. Durchzogen von tiefen Schlaglöchern und bergeweise Schotter in den Kurven. Ich muss vorsichtig fahren – Stürze im Gelände bei geringer Geschwindigkeit machen mir nichts aus, aber auf einen Rutscher über Asphalt habe ich keine Lust. Wir kommen also langsamer voran, als gedacht. Irgendwann wird die Straße zum Glück besser und ich kann die Fahrt ein bisschen mehr genießen.

An der Grenze zu Montenegro treffen wir lustigerweise den Tourguide Armand wieder – er steht mit seinem Anhänger voller Mountainbikes in der langen Schlange vor der Passkontrolle an. Ich quatsche kurz mit ihm und bedanke mich für die tollen Routentipps. Die letzten drei Fahrtage verdanken wir ihm und wenn ich mal wieder in Albanien bin, würde ich alles wieder genauso fahren. Glücklicherweise müssen wir uns als Motorradfahrer nicht in die Schlange stellen, ein Autofahrer weist uns netterweise daraufhin, dass wir einfach den Fußgängerweg nehmen dürfen und so sind wir in 5 Minuten durch die Kontrolle. Auf der anderen Seite das gleiche Bild: Eine mindestens 1km lange Autoschlange wartet auf die Einreise nach Albanien. Ca. 50 km von Kotor entfernt, in Buljarica, entdecken wir den Campingplatz Maslina. Eine Nacht für zwei Bikes und ein Zelt kostet 14€. Da kann man echt nicht meckern und da es bereits dunkel ist, beschließen wir, hier zu bleiben. Wir nehmen noch 4 Bier an der Rezeption mit, suchen uns ein schönes Plätzchen und bauen unser Zelt auf. Zum Abendessen gibt es natürlich wieder Pasta Napoli – never change a running system.