Wie alles begann und wie ich zu meiner Beta 390 Racing kam.

Es wird Zeit, endlich den Rückblick auf meine erste Rally fertig zu stellen. Irgendwie war ich viel zu schnell zurück im Alltag und Arbeitsstress und habe keine ruhige Minute gefunden, um alles aufzuschreiben. Doch je länger das Erlebte zurückliegt, desto schwieriger ist es natürlich, sich an jedes Detail zu erinnern. Woran ich mich allerdings gut erinnern kann, ist der Auslöser für die ganze Aktion – das Telefonat im November 2020 mit Timo und Petra. Dazu muss ich beide kurz vorstellen. Timo und Petra leben mit zwei Hunden und ca. 135 Motorrädern in Niederbayern. Beide reisen viel, mit Motorrad und Camper, fahren Trial und Timo seit ein paar Jahren erfolgreich Rallies. Irgendwie dachte sich Timo, dass mir das auch gefallen würde. Und als er mich in besagtem Telefonat gefragt hat, ob ich nicht Lust habe, auch Mal eine Rally zu fahren, habe ich sofort „Ja“ gesagt. Ohne genau zu wissen, was auf mich zukommt. Und das war auch besser so. Denn was in den folgenden Monaten an Organisation zu bewältigen und an Entscheidungen zu treffen war, hat mich zuweilen überfordert.

Das Wichtigste war, das richtige Motorrad zu finden. KTM, Husqvarna, Yamaha. Ich saß noch nie auf einer Sportenduro und hatte null Plan. Außer dass die Geräte meistens irre hoch sind und ich mit meinen kurzen Beinen es sicher nicht leicht haben würde. Ein probates Mittel der heutigen Zeit, wenn man sich selbst nicht auskennt: Schwarmwissen. Also habe ich Mitte Januar einen Aufruf über Instagram gestartet und es dauerte keine Stunde, da hatte ich eine Rückmeldung von Jörg aus Frankfurt, dass ich gern seine Beta 350 ausprobieren könnte. Beta. Noch nie gehört. Kommen aus Italien. Oh, sehr sympathisch. Ein Termin und eine Möglichkeit war auch schnell gefunden. Eine Woche später, am 24.1.2021 stand ich bei 3 Grad und leichtem Schneeregen aber Sonnenschein, in einer Sandgrube bei Bingen am Rhein vor Jörgs 350. Wichtig zu erwähnen wäre hier noch, dass Jörg und ich uns vorher nicht persönlich kannten, wir haben zwar einen gemeinsamen Bekannten, folgten uns aber bisher nur auf Instagram. Und jetzt drehe ich mit dem Motorrad eines „Wildfremden“ die ersten vorsichtigen Runden in einer Sandgrube. Was für ein komplett anderes Fahrgefühl im Gegensatz zu den schweren Adventure-Modellen von KTM und BMW, die ich sonst offroad bewege. Zugegebenermaßen, ich wurde mit der Beta nicht so richtig warm und das lag nicht an der Umgebungstemperatur um den Gefrierpunkt. Während mir die Dickschiffe wie die R 1250 GS eine gewisse Bodenhaftung vermitteln, hatte ich Angst, dass die leichte und spritzige 350 sofort steigt und mit mir durchgeht, sobald ich nur ein bisschen zu viel Gas gebe. Ich stand unentspannt und stocksteif auf dem Bike und hatte das erste Mal Zweifel, dass die Rally eine gute Entscheidung war.

Vier Wochen später besuche ich Timo und Petra in Niederbayern für unser erstes, echtes Vorbereitungstreffen. Ich, Null Ahnung von Rally, erhalte die totale Druckbetankung von Timo: Wie bereitet man sein Bike vor (wenn man denn endlich eines hat), welche Umbaumaßnahmen sind erforderlich und wer könnte sie machen (ich nämlich nicht!), welches Equipment ist vorgeschrieben von Erste-Hilfe-Set über Spiegel (nicht fürs Make-up) bis Leuchtraketen, eine erste Einführung ins Roadbook, Videos von der Serres und Olympia Rallye und natürlich das absolute Highlight: Die Präsentation seines Rally Bikes, eine Husqvarna 450. Was für ein Brett. Rade Rally-Tower, f2r Roadbook-Halter, RNS Tripmaster, Lenkungsdämpfer, Velourledersitz um nur die besten Highlights zu nennen. Das schwarz-weiße Streifen-Dekor verleiht der Husky den letzten Schliff. Für mich steht fest, dass mein Motorrad (wenn ich denn endlich eines habe), ebenfalls optisch ein Schmankerl werden soll. Daher war für mich klar, dass ich ebenfalls den Rade Tower haben möchte – auch wenn es auch ohne prima funktioniert – wie an Petras XTrainer – und böse Zungen behaupten, den Tower braucht man sowieso nur für die Sponsoren-Aufkleber. Mangelndes Fahrkönnen werde ich durch Optik ausgleichen.

Voll gestopft mit Informationen und einer langen Liste an To-Dos mache ich mich auf den Heimweg nach Frankfurt. Ganz oben auf der Liste steht: Du musst schnell ein Bike finden: KTM, Husqvarna oder Beta? Bzgl. Service und Ersatzteilversorgung kommen laut Timo alle drei Marken in Frage. Das war der erste Momente, an dem ich mich überfordert gefühlt habe. Ich wusste einfach nicht, welches das richtige Bike für mich ist und hatte viel zu wenig getestet. Zum Glück wurde mir die Entscheidung kurz darauf zwar nicht wirklich abgenommen, aber zumindest leicht gemacht: Eine Woche später erreicht mich eine Nachricht von Jörg, dass ein Bekannter aus seinem Motocross-Verein seine Beta 390 Racing von 2017 verkaufen will. Racing. Das klingt ja toll. Mit 5.700 € liegt sie zwar über meinem Budget, aber ich will sie mir trotzdem ansehen. Am 6. März fahre ich die 390 zum ersten Mal Probe – auf Asphalt. Ich drehe ein paar Runden um den Block und bin sofort begeistert. Sie fährt sich ganz anders als die 350, viel ruhiger und gleichmäßiger und hat ein super Handling. Ich war sofort verliebt – und um das Ganze abzukürzen: am 28.3. habe ich den Kaufvertrag unterschrieben und die 390 gleich für eine erste Testfahrt in die Sandgrube ausgeführt – diesmal bei 15 Grad und Sonnenschein.