Auf die diesjährigen BMW Motorrad Days freue ich mich ganz besonders. Die /5 Baureihe feiert nämlich 50-Jähriges Jubiläum und da ich eine wunderbar original erhaltene R75/5 besitze, wurde ich von BMW Motorrad eingeladen, an einem speziellen /5 Rideout teilzunehmen.
Vor drei Jahren habe ich mir meine /5 mit Toaster Tank, Baujahr 1973, gekauft. Es musste genau dieses Modell mit diesem Tank sein. Über 1 Jahr hatte ich gesucht, bis ich mein Schätzchen in Kassel gefunden hatte. Seitdem haben wir ein paar gemeinsame Kilometer zurück gelegt, im bayerischen Oberland, den Pyrenäen und natürlich rund um den Gardasee. Und egal wo wir unterwegs sind – immer wieder sprechen mich Menschen – vor allem Herren mittleren Alters – auf meinen blauen Oldtimer an.
So auch Freitagmittag, als ich auf das Gelände der BMW Motorrad Days fahren möchte. Ich halte vor dem Security-Mitarbeiter, da rennt von links ein Mann auf mich zu und fragt, ob ich das Motorrad verkaufen möchte. Bevor ich ihm antworten kann, ruft ein anderer Herr von rechts: „Ich hätte auch Interesse an deinem Bike!“ „Ha ha nein, die verkaufe ich niemals!“ antworte ich und lache. Ich denke, beide hatten mit dieser Antwort gerechnet denn sie grinsen freundlich zurück. Der Security-Mitarbeiter lässt mich passieren und ich fahre zum Treffpunkt für den Rideout am Classic Zelt. Es sind bereits einige andere Teilnehmer vor Ort. Vor dem Zelt stehen sowohl Original /5 als auch umgebaute Versionen und als große Überraschung ein R nineT /5 Sondermodell in der Farbe blau! Und kein geringerer als Helmut Dähne, Rundenrekordhalter auf der Nordschleife des Nürburgring, wird diese neue nineT fahren. Ich freue mich total, denn Helmut ist unglaublich sympathisch und lustig. Zuletzt gesehen haben wir uns 2017 beim Auerberg Klassik Bergrennen. Wir kommen sofort ins Gespräch und Helmut sieht sich meine /5 an – und nimmt auf ihr Platz. Hinter mir natürlich.
Als weiterer Ehrengast bei der Ausfahrt dabei ist Michael Veith, ehemaliger deutscher Skirennläufer. Michael fährt ebenfalls eine original R 75/5. Dann geht’s auch schon los. Alle steigen auf ihre Bikes und ich höre um mich herum mehrfach ein lautes „KLONCK“ – denn so klingt es, wenn man den 1. Gang bei der /5 einlegt. 12 Männer und ich starten zu einer gemütlichen Runde Richtung Mautstraße Vorderriss. Das Wetter ist herrlich, die Boxer blubbern und nach einer knappen Stunde erreichen wir das Gasthaus Post in Vorderriss, wo wir eine kurze Kaffeepause einlegen. Nur Michael Veith dreht noch eine Extra-Runde – mit der nineT /5 und kommt bei seiner Rückkehr ins Gasthaus aus dem Schwärmen gar nicht mehr raus! Nachdem wir uns alle ausreichend gestärkt haben, geht es wieder zurück zu den Motorrad Days, denn geplant ist ein ganz besonderer Auftritt: Wir dürfen alle auf die Eventfläche vor der Hauptbühne einfahren und unsere Bikes vorführen. Helmut gibt den Moderatoren ein kurzes Interview, dann erzählt Norbert von BMW Motorrad über das Sondermodell und die verfügbaren Optionen 719. Nach dem Auftritt stelle ich mein Motorrad vor dem BMW Classic Zelt ab. Und hier wird sie auch bis Sonntag stehen bleiben. Denn jetzt wird gefeiert.
Den Freitagabend verbringe ich im neuen Zirkuszelt bei den Berliner Motor Circus Jungs, mit viel Helleluja Bier und cooler Rockmusik. Als um kurz vor 1 Uhr das Zelt geschlossen wird, wechseln wir die Location und ich tanze in der US Lodge weiter. Die Stimmung ist einfach fantastisch und so bin ich erst um 4 Uhr im Bett. Der Samstag beginnt entsprechend spät für mich, gegen Mittag bin ich auf dem Gelände und die meiste Zeit stehe ich am Stand von Ortema bzw. dem Enduro Action Team und unterstütze Robert und Bernd dabei, ihre Trainings zu promoten. Abends dann das gleiche Spiel wie am Tag zuvor: Gemütliches Zusammensitzen im Zirkuszelt, coole Musik, Abtanzen in der US-Lodge und sehr spät ins Bett gehen.
Sonntag sehe ich mir einige Aussteller an sowie die Stuntshows bevor ich mich auf den Heimweg machen möchte. Ich verabschiede mich von allen Freunden aus Berlin, Stuttgart und Garmisch und gehe zum Classic Zelt, um meine /5 zu satteln. Wie es der Zufall will, treffe ich dort wieder auf Helmut Dähne. Er ist ebenfalls im Aufbruch und wir beschließen, zusammen nach München zu fahren. Noch beim Tankstopp in Garmisch fängt es an, wie aus Eimern zu schütten und es weht ein ekelhaft kalter Wind. Helmut hat natürlich Regenkleidung dabei, ich nicht. Ich trage Jeans, Lederjacke, meinen DMD Helm mit Brille und Lederhandschuhe. Helmut sieht mich an und sagt: „Mädel, man fährt doch nicht ohne Regenkleidung los!“ Wenigstens mit meinen neuen Reifen ist er zufrieden. „Aha Conti, der ist gut. Also, bleibst schön an mir dran, ok!“ Na dann, raus in das Unwetter! Wir starten los. An der ersten Ampel halte ich neben Helmut. „Dranbleiben ist näher“, ruft er zu mir rüber. Ich nicke. Klar, verstanden, ab jetzt lege ich an jeder Ampel einen 1A Rennstart hin und klebe am Heck seiner R 80 GS. Der Regen schießt durch die Öffnungen in meinem Helm und es fühlt sich an wie 1000 Nadelstiche. Meine Jeans ist nach wenigen Minuten klitschnass. Doch nach einer halben Stunde sehe ich Licht, helles Licht am Himmel. Wir fahren dem schlechten Wetter tatsächlich davon und kurze Zeit später hört es endlich auf zu regnen. Jetzt ist es nur noch kalt. Egal, ich bin einfach nur mega happy, hinter Helmut zu fahren. Seine Linie. Die Linie eines großen Rennfahrers.
Vor Starnberg biegt Helmut links ab und wir halten am Gut Kerschlach für eine Kaffeepause. Großartige Idee, wie ich finde. Ich bestelle Erbeerkuchen, Helmut Himbeere. Ich wärme mich am heißen Kaffee und wir unterhalten uns natürlich über Motorräder, was sonst. Helmut erzählt mir von seinem Rennmotor, den er reparieren muss. Der Kolben ist gebrochen. Wer den Rennmotor gebaut hat, will ich wissen. „Na ich natürlich, das hab ich schließlich gelernt bei BMW“ sagt Helmut. Hoffentlich läuft seine Maschine bis Oktober zur Auerberg Klassik, denke ich mir.
Wir verabschieden uns, bevor wir wieder auf unsere Mopeds steigen, denn Helmut biegt kurze Zeit später im Kreisverkehr ab. Ich bin 20 Minuten später daheim und parke meine /5 in der Garage und trage meine Tasche in die Wohnung. Wieder liegt ein wundervolles Motorrad-Wochenende hinter mir.
Titelbild: Amelie Mesecke