Wenn man schon ein Yak hat, dann verwertet man auch alles. Es gibt Brei mit Yak Milch, frische Yak Butter und eine Art Käse.
Nach dem Frühstück fahren wir los. Abd sitzt bei Roland mit auf dem Bike, sein Neffe Adil bei Vincent. Rolands Bike ist ein Einsitzer und wir empfehlen Abd, ein Kissen mitzunehmen da er sonst nur auf dem harten Gepäckträger sitzt. Er schnappt sich ein knallrotes Plüschkissen aus unserem Zimmer und hüpft auf die nineT.
Nach 10 Minuten auf der holprigen Asphaltstraße biegen wir rechts ab und fahren durch das kirgisische Outback. Spätestens jetzt wünscht sich Abd bestimmt ein zweites Kissen unter seinem Hintern. Es geht über Wiesen und Felder, wir durchqueren mehrmals einen Fluss, ich kämpfe mich durch Matsch und Sand, dann gehts es auf Schotter steil bergauf und weiter auf einer steinigen Piste an einem Berghang entlang. Ich kann mein Glück kaum glauben. Ich erlebe das echte, wilde Kirgisistan. So etwas findet man nicht im Lonely Planet oder unter #instatravel.
Nach knapp 60 km offroad sind wir endlich am Ziel: Mitten im Nirgendwo stehen zwei Jurten und ein kleines gemauertes Haus und davor ein alter russischer Lkw. Bei den Jurten grasen Yaks, zwei Esel und zwei Pferde. Neben dem Haus ist ein Gehege mit ca. 50 Ziegen und Schafen. Um uns herum diverse 5.000er Gipfel. Was für eine Atmosphäre, was für ein Erlebnis!
Kinder und Erwachsene begrüßen uns schüchtern. Danach werden wir in einer der beiden Jurten verköstigt. Mit Cay, frisch gebackenem Brot, Kaymak und Ayran aus Yak-Milch, Tomaten-Gurken-Salat und einer sagenhaft leckeren Bratkartoffelpfanne mit Paprika und Zwiebeln. Wir sind alle sehr hungrig und hauen ordentlich rein bis alles aufgegessen ist. Die frischen Milchprodukte verfehlen ihre Wirkung nicht – ich muss sofort auf die Toilette, überlege es mit aber schnell anders als ich davor stehe. Gegen die Toilette hier oben ist die im Homestay ein Luxusbad. Schlimmer geht’s nimmer… Ich verschiebe meinen Toilettengang freiwillig und hoffe irgendwo auf dem Rückweg eine Biopause einlegen zu können.
Ich lenke mich mit Tierbabies ab. Die 3 Wochen alten Yaks sind soooo süss und flauschig aber leider auch sehr ängstlich. Sie lassen sich kaum streicheln. Aber warum sollten sie auch…
Abd fängt ein großes Yak ein und ich soll es mit ihm an den Hörnern halten, danach setzt er mich zuerst auf den Esel und dann auf ein Pferd, ich darf die unglaublich schwere Pfanne beim Brot backen halten und zuletzt auch noch eine Ziege melken. Roland und Vincent schauen zu und machen Fotos.
Es wird Zeit zurückzufahren. Wir verabschieden uns von allen und nehmen zuerst den gleichen Weg wie vorhin. Im Matsch liegen Vincent und Adil das erste Mal. Dann im Sand erneut.
In einem ausgetrockneten Flussbett lassen Roland und ich unsere Bikes laufen und irgendwie verpassen wir so die Abbiegung Richtung See. Egal. Ab jetzt geht’s freestyle weiter. Abd orientiert sich am Flusslauf. Wir müssen querfeldein fahren, über tiefe Rinnen und durchs Wasser. Vincent GS hat sich wieder Schlafen gelegt und will nicht mehr anspringen. Wir müssen ein paar Minuten warten und als sie wieder läuft, hilft Roland sie aus dem tiefen Flusskies zu schieben.
Es geht den Berg hinauf, steil und mit tiefem Sand. Roland ist längst oben, Vincent ist umgekippt und dieses Mal helfen ich ihm. Ich schiebe so fest ich kann bis sein Biest wieder festen Untergrund unter den Reifen hat. Die Luft hier oben ist so dünn, ich merke jede kleine Anstrengung sofort und japse wie ein uraltes Yak.
Oben angekommen sehe ich endlich den Karakul See. Das Wasser leuchtet smaragdgrün, dahinter die Bergkette mit den schneebedeckten Gipfeln. Die Kulisse ist mal wieder einmalig. Und noch sind wir nicht am Ziel. Wir fahren weiter immer geradeaus auf den See zu. Auf einer Anhöhe stoppt Roland. Der Kilomterzähler zeigt 14.000km, wir müssen ein Foto machen.
Auf den letzten Metern Asphalt gibt Roland nochmal kurz Gas, der Tacho zeigt 180km/h und Abd grinst über beide Ohren. Es ist das erste Mal, dass er auf einem so großen Bike fährt, meint er. Als wir am Homestay ankommen, sind wir alle geschafft aber auch glücklich über einen gelungenen Ausflug. Abd erzählt seiner Frau, dass ich ein „super biker und sportsman“ bin, was mich natürlich sehr freut. Ich bin schon ein bisschen stolz, dass es mich in Tadjikistan noch nicht ein einziges Mal geschmissen hat.
Es gibt keine Duschen im Homestay aber eine Banja – eine russische Sauna – im Haus gegenüber, die wir nutzen dürfen. Zugegeben, es ist eine sehr einfache Banja, ein gemauerter Raum mit Betonboden, kleinem Fenster und Holzbank. Ein Ofen erhitzt den Raum auf über 60°C. Auf dem Ofen steht eine große Alukanne mit heißem Wasser, daneben die gleiche Kanne mit kaltem Wasser. Unsere Kleidung haben wir im Vorraum abgelegt. In einem Eimer mischen wir die beiden Wasser, bis es die gewünschte Temperatur hat. Dann schütten wir es uns gegenseitig über den Kopf. Das ist viel unterhaltsamer als eine normale Dusche und genau richtig nach einem anstrengenden Offroad-Tag in den tajikischen Bergen.